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 Arbitrium

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Rurio
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BeitragThema: Arbitrium   Arbitrium EmptyMo 19 Jan 2009, 18:39

Wow, ich stells mal ins Internet Arbitrium 301532 Vorab, es ist eine Menschengeschichte.

Los gehts x3

ARBITRIUM


Der Himmel war grau. Grau wie immer. Manch einer mochte seine Farbe als helles blau bezeichnen- ich aber nicht. Niemals. Er war schon immer grau. Morgens, mittags. Dann wurde er blau. Doch das war in der Nacht. Dann kümmert mich seine Farbe nicht. Denn meist schlief ich- oder ich suchte ihn. Des Schlafs beraubt lauschte ich den Geräuschen, die die Nacht nun mal mit sich brachte.
Rufe besoffener Männer, die es schon lange aufgegeben hatten, ihr Glück zu suchen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Denn das Glück ist eine Lüge und jene, die es suchen, arme Tölpel.
Sie tun mir leid, diese naiven Hoffenden. Man mag mich als Pessimisten bezeichnen. Das können sie ruhig, denn sie haben Recht. Ich, der niemals etwas anderes geglaubt hat, als an die Endgültigkeit und an die Logik, kann beim Anblick betender, lachender Menschen nur den Blick abwenden. Was soll‘s, was rege ich mich auf. Sie hören mich nicht. Sie wollen mich nicht hören. Ich habe es vor langer Zeit aufgegeben, mit ihnen zu reden.
Man hörte das Bellen streunender Hunde. Scheppern von Mülltonnen, die von ihnen umgeworfen werden, in der vagen Hoffnung, Essbares zu finden.
Diverse Geräusche aus den Nebenzimmern. Die einzigen Geräusche, die von dort kommen. Und man hörte sie natürlich nur in der Nacht. Primitive Emporkömmlinge, nichts weiter. Was soll man groß dazu sagen? Die Welt ist ein Jammertal.
Und ich bin der Einzige, der jammert.
Mein Name ist Lyall. Mein Vorname lautet Jaron, aber er wird nur selten benutzt. Im allzu nüchternem Zustand fällt er mir noch ein, jedoch… wem soll ich ihn nennen?
Ich bin 37 Jahre alt. Noch nicht zu alt, aber alt genug, um die Welt zu kennen. Wir schreiben das Jahr 2030. In den letzten Jahren hat sich die Menschheit kaum entwickelt. Warum? Deswegen:
Wohnhaft bin ich in Ferruel, in dem Staat Elstate, der ehemaligen USA. Ehemalig deswegen, weil die führenden Hitzköpfe dort vor ungefähr zwanzig Jahren die Kontrolle über ihren Verstand verloren hatten. Der Größenwahn hatte sie gepackt. „Lasst uns alle Kontinente unter einem vereinen! Nur eine Sprache, eine Währung, eine Welt, ein Volk…“, und so weiter. Einige recht beherzte Scharfschützen haben dem ein Ende gesetzt.
Man wurde sich schnell bewusst, dass die so eben beseitigten schnell ersetzt werden würden. Sie konnte das natürlich nicht zulassen. Nein, das war selbstverständlich nicht der Grund dafür, die ganze USA weg zu radieren und ihr einfach einen neuen Namen zu verpassen. Der wahre Grund war die plötzliche Erkenntnis, dass die Menschheit ausgelaugt war. Wir waren ausgebrannt, hatten keine Energie mehr. 2020 gab es kein Gold mehr und viele andere Metalle folgten diesem Beispiel. Rohstoffe waren knapp und keiner wusste, wann genau unser Untergang sein würde. Man hoffte auf Erlösung. Durch mangelnde Rohstoffe mangelte es auch an neuen Baustoffen für Häuser. Arbeitsplätze wurden durch Maschinen ersetzt, aber Rohstoffe fehlten, um diese zu betreiben. Nahrung wurde knapp. Massensuizide erschreckten die Führungspersonen derart, dass sie tatsächlich eine internationale Versammlung einberiefen. Man beriet sich- wie zum Teufel sollten wir die Menschheit retten? War unsere Zeit denn wirklich schon vorbei? Manche Sprecher klangen derart weinerlich, dass ich mich fast übergeben hätte vor Zorn. Verdammt, sie haben ja so Recht! Da kommen wir vor ein paar Milliönchen von Jahren hierher, besiedeln die Welt, nein, beherrschen sie, zähmen Tiere, ergo berauben sie ihrer Freiheit, beanspruchen Land, teilen Land, klauen Land, kämpfen um Land, töten für Land, regieren, stürzen, zerstören, wiederaufbauen und wieder zerstören, haben nichts besseres zu tun, als Kleidung nach dem neuesten Trend zu tragen während tausende Menschen vor Hunger krepieren, bauen, bauen, bauen, reißen ab, bauen, legen künstlich Natur an, rotten Tierarten aus, versuchen nicht ganz ausgerottete wieder auf zu päppeln und sehen dann fragend zu, wie das Ganze schief geht und verdammt noch mal, jetzt müssen wir sterben? Oh, wie ungerecht das Leben doch ist.
Wie dem auch sei, diese kahlen Hitzköpfe von Präsidenten, Kanzlern und Vizepräsidenten berieten sich. Was haben wir denn falsch gemacht? Brauchten wir wieder eine Monarchie? Die wurde 2023 abgeschafft, und zwar in allen existierenden Staaten, aber vielleicht brauchten wir ja eine strenge Hand, die tadelnd mit dem Zeigefinger wedelt, wenn wir etwas Böses getan haben. Zu meiner Erleichterung wurde dieser Vorschlag wieder abgewinkt. Wozu einen neuen König auf den Thron setzen, wenn die Welt untergeht? Wahrscheinlich dachten sie auch noch an einen internationalen König, so dass wir nicht mal mehr ein kleines bisschen Recht hatten. Na herrlich! Was sie aber schließlich entschieden hatten, regte bei mir höchstens Würgreflexe. Es war noch schlimmer als Monarchie- die komplette Ordnung der Welt! Mensch, da haben sie sich aber was vorgenommen. Nun, seit 2030 schließlich begann die Operation „New Earth“. Quasi ein Riesenstaubsauger, der all den hässlichen Dreck und die unangenehmen Vorzeigebeweise für das Unvermögen der Menschheit wegsaugen soll. Sie fingen mit der Quelle des Übels an- die USA. Ich will nicht sagen, dass die USA schlecht war. Wer versteht schon diese politischen Superhengste, aber dort hatte es nun einmal angefangen. Alles was an die USA erinnerte, wurde zerstört.
Zum Teufel, mein Herz blutete, als sie mit der Freiheitstatute begangen. Dabei war sie doch ein Geschenk der lieben Franzosen. Aber wen kümmerte das, sie ließen die liebe Dame einfach abreißen und machten sogleich weiter. Alle Wahrzeichen verschwanden schnell und es begann mit der Neuplanung. Elstate war geboren, und zwar als der neue Präsident zustimmend nickte. Wie war doch gleich sein Name? Unwichtig. Politik hatte mich noch nie interessiert, das muss ich zugeben.
Nun, da die USA fort war, hatten sie vor einem Jahr begonnen, den nächsten Staat an zu greifen. Es war übrigens Deutschland. Die Wahrzeichen waren fort, auch wenn viele Menschen inzwischen dagegen waren unser sogenanntes kulturelles Erbe ab zu reißen. Aber die feinen Politiker gaben immer die gleiche Antwort: „Es ist Zeit für einen kompletten Neuanfang!“. Kann ja sein, aber mussten sie deswegen noch mehr zerstören, als sie das ganze noch für Schwachsinn hielten?
Einen neuen Namen hatte Deutschland noch nicht. Der würde aber Ende dieses Jahres bekannt gegeben. Ich war natürlich höchst interessiert.


1. Kapitel: June
Es war ein Mittwoch, wenn ich mich Recht erinnere. Halt, natürlich war es Mittwoch. Als ich an diesem Abend an der Theke saß, stierte mich mal wieder die Aushilfskraft, ein dürrer junger Mann, der wohl zu viel Glückskraut konsumiert hatte, an und durchbohrte mich gerade zu mit seinen tief liegenden Augen. Dieser Kerl…sein Name war….Nathan, glaube ich…. Ich besah mich Nathan, als er es für einen kurzen Augenblick aufgegeben hatte, mich mit seinen dunklen, trüben Augen an zu gaffen, als wäre ich eine ballettanzende Seekuh. Er war, wie gesagt, sehr dürr. Hager war da schon eine starke Untertreibung. Sehr blass und eine krumme Rückenhaltung. Unter seinen Augen lagen tiefe Ringe, die ganz sicher kein Zeichen von Schlafmangel waren. Seine sehr ungepflegten, ockerfarbenen Haare fielen ihm ins Gesicht und ich hoffte, dass sie dort blieben. Ein lückenhafter Bart zierte seine Oberlippe und seinen Kiefer, der wohl absichtlich außer Acht gelassen wurde. Ich gebe zu, ich rasiere mich auch nur alle vier Tage, wenn überhaupt.
Seine blasse, teilweise schmutzige Schürze war locker um die Hüfte geschwungen. Dass sie nicht rosa war, überraschte mich fast.
Um mir nicht einen kompletten Nervenkollaps zu zuziehen, während ich ihn beobachte, wie er mal wieder versuchte, die Bierpumpe in Schwung zu kriegen, neigte ich den Kopf und sah mich um. Wie immer war es sehr düster und….nun ja nicht neblig, aber es wirkte so. Es waren natürlich dicke Schwaden von Zigarettenqualm. Obwohl heute nur wenig los war, traute ich mich kaum zu atmen, aus Angst, meine Lunge würde schlagartig zu Staub zerfallen. Schuld war Jeff, der irgendwie immer hier zu sein schien. Er war…. fett, ungehobelt, hatte schwarze Haare, eine überwucherte Oberlippe und hätte mal wieder einen Blick in den Duden werfen müssen. Seine Aussprache war… katastrophal. Da kann sich selbst O’Mayor, der allseits bekannte Saufbold des Viertels, noch gewählter artikulieren. Jeff hatte immer eine Zigarre im Mund hängen. So seltsam es auch war, kurz nachdem die eine abgebrannt war, steckte schon die nächste drin. Der würde sich am liebsten gleich fünfzig davon rein schieben, aber dann blieb kein Platz mehr, um sich seine mitgebrachten Sandwiches einzuverleiben. Wo er die herholt, wenn er doch immerzu hier ist, ist mir bis heute ein Rätsel. Jedenfalls qualmte der Typ gehörig und begann sofort eine Schreihymne aus allen bekannten Beschimpfungen dieser Welt, wenn man ihn auch nur darauf hinweist, dass es ja gewisse Leute gibt, die sich an dem schweren Geruch von Zigarrenqualm stören.
Ich habe nie versucht, irgendwas zu erwähnen. Wozu auch? Ich hatte weder Lust, bei Jeffs Argumenten sämtlichen Speichel oder Zigarrenstummel aus seinem Mund ab zu bekommen, noch mich dann mit dem Wirt oder Nathan an zu legen, die dann gleich immer einschreiten.
Die Kneipe wurde von einem schwachen Licht beleuchtet. Es gab schon viel modernere Kneipen, das gebe ich zu. Aber in meinem Viertel war alles noch recht altmodisch. Fast wie im 20. Jahrhundert. Nur schmeckte das Bier schlechter.
Wo ich gerade davon spreche… ich drehte meinen Kopf wieder weg. Ich starrte in mein halbvolles Bierglas. Das trübe, ansatzweise goldene Gesöff waberte vor sich hin und ich könnte schwören, ab und zu eine Lebensform darauf zu erkennen. Ich will nicht nachdenken, was Meth, der Wirt, da alles rein panscht. Bei ihm ist das Reinheitsgebot so bekannt, wie Chihuahuas das Stepptanzen.
Was regte ich mich auf… endlich hörte ich hinter mir die Tür auf- und wieder zuschlagen. Das Schlurfen, was dem folgte, bestätigte meine vage Erwägung und prompt setzte sich jemand schwer ausatmend auf den Barhocker neben mir.
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BeitragThema: Re: Arbitrium   Arbitrium EmptyDi 20 Jan 2009, 15:17

awwww deine Geschichte ist ja total toll! Dein Schreibtsil, ich liebe ihn *g* Ich finde es toll, wie du alles beschrieben hast. Die Idee mit dem Neuanfang find ich cool und das du aus der Ich-perspektive geschrieben hast bringt alles noch viel wirklicher rüber Wink Mehr davon n.n
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BeitragThema: Re: Arbitrium   Arbitrium EmptyMi 21 Jan 2009, 00:42

Danke Selena x3 Wäre nett, wenn auch andere kommentieren könnten Wink
Naja ich stelle mal den nächsten Teil rein ^^


„Tag, June!“, sagte ich trocken und sah kurz zu meinem neuen Nachbarn. June, ein vierzigjähriger Kerl, mit dem ich manchmal einen trank, nickte mir flüchtig zu.
Tja June…. Wo sollte man da anfangen? Er ist wohl der einzige, mit dem ich mehr als zehn Worte gewechselt habe. Er ist kein Freund von mir, eher ein…Leidensgenosse. June hatte eine Halbglatze, hatte rosige Haut und für sein Alter schon viele Falten. Eine große Brille zierte seine Hakennase und im Gegensatz zu mir war er immer frisch rasiert. Seine Mundwinkel waren wie immer nach unten gezogen. Er trug wie immer ein graues Hemd und eine dunkelblaue Hose. Das mag vielleicht wie ein Witz klingen, aber June trug wirklich immer die gleichen Sachen. Ich frage mich, wie oft er diese beiden Teile hat.
Außer, dass der Kerl wie ein Monat hieß war kaum etwas Auffälliges an ihm sichtbar. Er hatte Humor, auch wenn er meist getrübt war und seinen Frust mit dem angeblichen Bier hinunter schluckte. June war Börsenmakler. Doch, kein Scherz. Doch seit die Güter der Welt allmählich zu Ende gehen, hat seine Firma dicht gemacht und June war deprimierter als deprimiert. Ich konnte nicht viel dazu sagen, ich arbeite nirgends wirklich. Mal hier mal da, um zu überleben.
„Heute war die Miete fällig oder?“, fragte ich schließlich und trank einen kräftigen Schluck.
June rieb sich die Schläfen. „Ja….“, sagte er und zog das „a“ in die Länge.
Ich schwieg. Er konnte sie wohl mal wieder nicht begleichen.
„June, wieso gehst du nicht wieder zur Berufsschule? Wie oft habe ich dir jetzt diesen Vorschlag gemacht? Nein warte, ich hab ´ne Strichliste…..“, ich griff in meine Tasche, doch wie ich erwartet habe, unterbrach mich June.
„Und wie oft habe ich darauf gesagt, dass ich zu alt dafür bin? Bis ich da raus komme, will mich doch keiner mehr anstellen!“, seufzte er tief.
Ich zuckte halbherzig mit den Schultern. Die alte Laier mal wieder.
„Samuel, du…..“, begann ich, doch ich hatte keine Ahnung, was ich sagen wollte. Mit gerunzelter Stirn bedachte ich Nathan mit einem apathischen Blick, der wie immer nur derart zurückstarrte, als sei ich der Verkünder von Satans Geboten. Nebenbei bemerkt, ein ganz netter Bursche, der gute Luzifer.
June starrte nur betrübt auf sein dunkles, breiiges Starkbier und stieß eine wahre Seufzsynphonie aus.
Nachdenklich kratzte ich mich am Hinterkopf und wagte einen Blick zu dem kleinen Fernseher an der Wand. Er zwar wie alle in die Wand eingelassen, aber inzwischen klebte an dem Monitor bereits eine richtige Schmierdecke an verschiedenen Schmutzschichten. Ein Archäologe wäre sicher ganz wild darauf gewesen, sie nach Alter und Entstehungsart zu zuordnen. Die Farben waren also nur schlecht zu erkennen, also musste ich die Augen ein wenig zusammen kneifen.
Anders als sonst lief kein Cornerball, dass ich fast noch mehr verabscheue als den guten alten Fußball, sondern mal zur Abwechslung die Nachrichten. Dank eines riesigen, recht seltsamen Fleckes in der linken oberen Ecke, konnte ich nicht genau sagen, welcher Sender grad eingeschaltet war.
Durch den öligen Film des Drecks erkannte man die grinsende Visage eines dieser Eintagsfliegen-Moderatoren, dessen dämliche Fresse ich morgen schon wieder vergessen habe. Man verzeihe mir diese Ausdrucksweise, aber ich habe hunderte von ihnen gesehen. Orange gebräunte Typen mit schmierigen Frisuren und recht künstlich aussehenden Grinsen- wobei man ihr Innenleben allzu gut an ihren leblosen Augen erkennen konnte.
Ich strengte mich stark an, sein Ach-ich-bin-ja-sowas-von-informiert- Gebrabbel zu verstehen…..
„…wieder einmal wurden zwei ungeklärte Morde zu den Akten der ESP gelegt. Der Präsident der ESP Arthur Winston, hat dazu eine Pressekonferenz einberufen, um die Umstände zu erklären. Viele hiesige Zeitungen schreiben das angebliche Unvermögen der Polizei als hochgradig und schwerwiegend. Mr. Winston erwiderte dies nicht, sondern verweigerte jegliche Aussage bis zu der Konferenz am 15. August. Die Opfer wurden auf dieselbe Art getötet, jedoch haben sie keinerlei Verbindung zueinander. Messerstiche wurden an den Leichen festgestellt, allerdings waren sie nicht die Todesursache. Die ESP steht vor einem Rätsel….“
Ich gähnte müde. Wieder mal das Übliche. Morde. Überfälle…. Natürlich, Massenmorde sind dann wieder ein großes Problem, was man unbedingt streng vertraulich behandeln musste. Fast täglich wird hier jemand ermordet. Ist der Fall ganz simpel, schert es doch niemanden mehr. Arme, arme Menschheit. Tja, aber ich werde sie nicht retten. Soll sie doch untergehen. Dann ist es eben so. Am besten…..
„Meinst du, ich kann eine Zeit bei dir wohnen?“, unterbrach mit June inmitten meiner Gedankenphsäre.
„Huh?“, machte ich nur und kniff fragend ein Auge zu. „Wozu?“
June senkte betreten den Kopf. „Nun ja…. Wie es aussieht….“
Ich seufzte tief. „June…. Du weißt wie eng mein Loch ist. Und das ist echt noch nett ausgedrückt. Man kann da ja kaum drin Luft holen, weil sonst die Wände einreißen!“
June rieb sich erneut die Schläfe. „Bitte, Lyall!“
Ich schnaubte und nippte an meinem Bier. „Auf einmal sind wir Freunde und tun uns Gefallen? Seltsam, wo es dir grad schlecht geht….“
Ich sah deutlich die Ader an seiner Schläfe pochen. Angestrengt sah er mir in die Augen. „Verdammt, ich brauch eben deine Hilfe! Wenn du mir nicht helfen willst, dann lass es, ich zwinge dich ja nicht!“
Ich lachte kurz auf. „Was mich auch nicht überzeugt hätte“, ich hob den Zeigefinger und tippte ihm an die Brust. „Gut, aber nicht lange, kapiert? Und ich werde weder für dich kochen noch deine Wäsche waschen!“
Junes Augen weiteten dann legte er mir die Hand auf die Schulter.
Ich sah ihn schief an. „Nicht übertreiben!“ Er nahm sie schnell wieder weg.
„Danke!“, sagte er leise und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Starkbier.










2. Kapitel: Eine Nervensäge mehr

Ein paar Stunden später hatte ich die Kneipe wieder verlassen. Erstens weil man June’s Gebrabbel, wenn er besoffen ist, so gut wie den Wunsch, Politiker zu werden verstehen konnte und zweitens um meine Lunge und Leber zu schonen. Gut, ein wenig getrunken habe ich… jedenfalls den Schlangenlinien meines Ganges zu urteilen. Ich sah missmutig in den Himmel. Und wieder war er grau. Verdrossen seufzte ich.
Ich ging auf einem recht verdreckten Bürgersteig. Überall sah man holografische Werbung. Hunde kläfften. Menschen schrien. Die Symphonie der Menschen, wie sie wirklich waren. Geräusche der Nacht, wenn sie ihre Fassaden ablegen, die Masken wegsperren, bis der Tag wieder anbricht, um nur für ein paar Stunden sie selbst zu sein. Jeder Mensch hat so eine Maske. Niemand ist wirklich so, wie er sich in Gegenwart andere Menschen preisgibt. Ein jeder ist ein klein wenig anders, wenn er alleine ist.
Ich blieb stehen. Neben mir saß ein Mann an der Wand gelehnt und starrte mich mit leblosen Augen an. Leicht überrascht hob ich eine Augenbraue und hockte mich zu ihm nieder.
„Hey!“, rief ich und packte ihm an die Schulter. Ich schreckte zurück. Der Kerl war eiskalt und schon steif. Er war tot. Und zwar schon etwas länger, denn die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt.
Ich besah mich ihm ein wenig. Er war offensichtlich ein Heimatloser. Er hatte lange, fettige Haare, einen verfilzten Bart und abgetragene Klamotten. In einer Hand hielt er eine Flasche billigen Schnaps.
„Armer Kerl!“, murmelte ich tonlos. Ich durchsuchte ihn leicht widerstrebend, doch natürlich fand ich keine Personalien. Wie ist der Kerl bloß abgekratzt, fragte ich mich. Da fiel mit ein dunkler Fleck an seiner Brust auf. Ich reckte den Hals und erkannte deutlich tiefe Stichwunden unter seinem Herzen.
Also wieder einer dieser Morde, von dem ich vorhin im Fernsehen gehört habe. Ich stand auf und steckte die Hände in die Taschen. Nachdenklich schaute ich mich um. Niemand zu sehen.
Ich zuckte mit den Schultern und ging weiter. Der Kerl war tot. Er brauchte meine Hilfe schon lange nicht mehr. Sollte ihn doch jemand anderes finden.

Zerknirscht schlenderte ich in der tiefschwarzen Dunkelheit die Straße entlang. Meine Nüchternheit, die ich durch den Fund des allzu leblosen Penner wieder gewonnen hatte, verabschiedete sich wieder allmählich und meine Sinne waren wie betäubt.
Ein Sauto surrte an mir vorbei. Diese solarbetriebenen Autos waren vor etwa fünfzig Jahren wirklich der Gipfel der Automobilindustrie. Nun ja, heute hatte jeder so ein Gefährt. Man konnte auch nachts fahren, da die am Tag gewonnene Energie gespeichert wurde, was den Tieren und besoffenen Menschen nachts nun doch nicht den Hals rettete. Was wäre ich doch erfreut gewesen, wenn man das nächtliche Auto/Sautofahren aufgeben müsste. Wenigstens waren die Dinger leise.
Aber was grübelte ich hier über die Karriere eines Fahrzeugs herum. Wo ich doch erstmal meine Wohnung finden musste…...
Sie lag in der Old Street, im Fall-Square. Glaub ich jedenfalls…
Mein Blick schwenkte zur Seite. Außer ein paar Prostituierten war niemand zu sehen. Ich fragte mich, wie viel Geld man mit diesem sehr fraglichen Beruf noch verdienen konnte, in einem Zeitalter, da ein Mann kaum noch eine Frau zur Befriedigung diverser Bedürfnisse brauchte. Trotzdem gab es immer noch genug von diesen leblosen Hüllen, die sich beschämend aufführten, nur um für Geld brutal misshandelt zu werden. Aber wenn das Geschäft so brummte, könnte ich’s ja auch mal versuchen. Ich sehe bestimmt supersexy in so einem weit ausgeschnittenen Kleid aus….
Ich grinste in mich hinein und dankte dem Alkohol erneut dafür, dass er meine eigentlich tot geglaubte Lockerheit hervorbrachte.
Ich lief schon so lange, dass ich mich eigentlich schon in Chicago befinden müsste. Allerdings entdeckte ich meine Behausung noch immer nicht. Seufzend hob ich den Arm und versuchte angestrengt, die Ziffern auf meiner Uhr zu erkennen. Da dies nicht ganz so gut funktionierte drückte ich schnell den Knopf über der 12. Das Ziffernblatt leuchtete auf und ein sanfter Strahl schoss ein paar Zentimeter hoch. Das schwache Hologramm zeigte schließlich, dass es 01:42 Uhr war. Nicht besonders spät, aber es wurde allmählich Zeit, dass ich in meine angebliche Wohnung komme. Um drei Uhr beginnt hier so etwas Ähnliches wie die Ausgangssperre. Zwar nicht so wie vor tausenden von Jahren, und es patrouillierten auch keine Polizisten oder Streifenbots (Roboterähnliche Gefährten, die die Aufgaben unserer Freunde und Helfer übernahmen), aber ab drei Uhr übernahmen die die sogenannten Banden das Kommando über das Viertel. Sie nannten diese Zeit „MT-Time“. Folglich waren sie die „MT’s“. MT kam von „might taker“, also „die, die die Macht annehmen“ sozusagen. Besonders kreativ waren sie ja noch nie, aber dass war nun wirklich der Gipfel der Inkompetenz. Besonders, da man kaum Kompetenz benötigt, um ein umherschleichendes Bandenmitglied zu werden; bis auf fehlende Moral und der großen Klappe.
Ich gähnte laut. Müde rieb ich mir die Augen und sah mich leicht verwirrt um. Endlich, endlich entdeckte ich das verdreckte Glasschild „Old Street“.
Ich torkelte ein wenig unbeholfen linksseitig und stand bald vor meiner Wohnung.
Ein verwittertes Gebäude war meine sogenannte Heimat. Die Wände waren früher mal aus Aluminium, mit Chromlegierung. Allerdings, nachdem die Rohstoffe knapp waren, wurden sie…nun ja…entfernt. Ich verdächtige entweder die MT’s oder den Weihnachtsmann. Der dicke Lachkasper wünscht sich sicher so sehr einen Schlitten aus Chrom, wie ich mir ein billiges Begräbnis.
Also wie gesagt, die Wände aus Aluminium waren weg und die Außenwand war nur noch ein zusammengezimmertes Etwas, dass mit Glaswolle bedeckt war und provisorisch mit Holzlatten gestützt wurde. Ich schlich langsam die Vortreppe hoch und versuchte gar nicht erst, meinen Schlüssel hervor zu kramen. Aus dem einfachen Grund, weil ich gar keinen habe. Gut, ich hatte mal einen, aber der dürfte nun…. Im Kanalisationssystem von Minsk sein und ich hatte grad keine Zeit, da mal schnell hin zu jetten. Ich verpasste der Tür einen nicht all zu sanften Schubs und sie schwang knarrend nach innen. Sie war weniger eine Tür, mehr der Versuch, eben eine solche dar zu stellen. Sie bestand lediglich aus dünnen Holzlatten, die mit hartem, schwarzem Gummi überzogen waren. Wie gesagt, hier in der Gegend ist man sehr auf sein Improvisationstalent angewiesen.
Ich schlurfte den düsteren Flur entlang. Die Fliesen waren sauber, dass musste ich schon zugeben. Allerdings begangen sie allmählich, sich auf zu lösen. Kein Scherz, denn sie waren aus bestimmten Material, dessen langen Namen ich mir nie merken konnte. Eigentlich sollten sie ein Leben lang halten, aber….na ja wahrscheinlich nur ein Raupenleben, denn allzu lange waren sie noch nicht hier.
Irgendwem sei’s gedankt, dass ich parterre wohnte. Auch zu meinen heiligen, längst nicht mehr vollzähligen vier Wänden besaß ich keinen Schlüssel. Aber auch hier war das Schloss hoffnungslos zerstört und ich musste sie kaum anpusten, da schwang sie auf.
Dass hier pausenlos Leute ein und ausgehen könnten, störte mich nicht. Ich besaß nie Wertsachen, außer meinem Verstand. Den zu stehlen stelle ich mir als äußerst… umständlich vor, also scherte mich ein fehlendes Schloss nicht.
Genug gejammert, ich war nun endlich in meiner Wohnung. Sie war klein, aber sah wenigstens wie ich aus. Ungepflegt, seltsam, bedrückend still. Japp, dass war sie, meine Heimat.
Ich linste in den Kühlschrank und schloss ihn gleich wieder. Natürlich war nichts drin, ich gehe immer freitags einkaufen. Als Gewohnheitstier wundert es mich, dass ich meine Gewohnheiten manchmal vergesse. Seufzend ließ ich mich auf der knarzenden Couch fallen. Meine Wohnung war schlicht eingerichtet, hatte aber den guten alten Jaron-Lyall-Stil, der mir übrigens sehr gefällt. Wäre auch schlimm, wenn nicht, fällt mir da ein…. Vor der schwarzen Couch stand ein kleiner Glastisch (den ich mal wieder putzen sollte…) und dem gegenüber ein Flachbildfernseher der älteren Generation. Ich könnte mir (selbst mit meinem fragwürdigem Gehalt) einen besseren kaufen, aber ich mochte den alten Fernseher und wie gesagt, ich bin ein Gewohnheitstier. Links und rechts neben dem Fernseher standen schwarze Regale aus Holz. Ich mochte keine Regale aus echtem Holz, der Stil sagt mir einfach nicht zu. In den Regalen befanden sich hunderte von Büchern und auch viele, viele Filme. Beides sind wahre Faibles von mir.
Es hingen keine Bilder an den Wänden, oder (Gott bewahre) gar Poster. Sie waren weiß, jedenfalls waren sie das mal. Mittlerweile waren sie in ein leichtes grau getaucht. Und schon wieder die Farbe Grau. Sie verfolgt mich, buchstäblich.
Ich rieb mir müde die Augen und gähnte laut. Da ich keine feste Arbeit habe, ist es im Grunde egal, wann ich morgen aufstehe. Meine Wohnung saß mal wieder wie nach dem vierten Weltkrieg aus. Überall lag Staub und meine Klamotten lagen quer in der Gegend rum. Da June mal aufkreuzen würde (was ich schon jetzt bereute) sollte ich eventuell mal klar Schiff machen. Aber nicht mehr heute. Mühsam erhob ich mich von der Couch und wollte gerade ins Schlafzimmer schlurfen, als- Das Telefon klingelte.
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BeitragThema: Re: Arbitrium   Arbitrium EmptyMi 21 Jan 2009, 17:12

*hat gerade wenig zeit*
Aber ich schreib trozdem was xDD
Also, den "Prolog" und das erste Kap fand ich schonmal sehr gut Wink
Ich fand es echt klasse, wie du die Situation mit der Erde da beschrieben hast Sehr glücklich
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BeitragThema: Re: Arbitrium   Arbitrium EmptySa 28 März 2009, 23:19

So, ja doppel Post, aber ich hab mir jetzt alles ganz durch gelesen, und es gefällt mir echt super^^
Du hast einen wirklich tollen schreib Stil und ich mag diese ganzen Beschreibungen der Welt, wie sie dort ist sehr gerne, besonders das mit der Ausgangssperre hat mir gefallen.
Ich freu mich schon auf weitere Kaps Wink
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BeitragThema: Re: Arbitrium   Arbitrium EmptyDo 09 Apr 2009, 14:10

Danke Hyka :3 *fluff* Hier ist mal der nächste Teil.. x3



Um diese Uhrzeit? Oh, Mann! Ich quälte mich zum Telefon, steckte mir den Hörer ins Ohr und zog das dünne Kabel vom Mikrofon zum Mund runter.
Ich murmelte ein leises „Annehmen“ und lauschte, wer mich da unbedingt stören musste.
„Ist dort Mr. Lyall?“, ertönte eine tiefe Stimme.
Ich gähnte. „Und was, wenn?“
„Sind Sie es, Mr. Lyall?!“, die Stimme klang hoffnungsvoll, aber auch fordernd.
„Ja, verdammt!“, sagte ich schon etwas lauter und setzte mich auf die Lehne der Couch.
„Was zum Henker wollen Sie um diese Uhrzeit?!“, sagte ich gereizt und zog mir schon einmal die Schuhe aus.
„Mr. Lyall, es tut mir sehr leid, Sie zu stören. Aber es ist wirklich sehr dringend.“
„Uh, es wird spannend!“
„Ich bin von der ESP…..“ und weiter hörte ich nichts mehr, denn ich hatte ein rasches „Auflegen“ gerufen. Das Telefon verstummte. Ich zog das Mikrofon wieder hoch und legte es auf die Anlage.
Mit der ESP wollte ich nun noch weniger als mit allen anderen zu tun haben. Und das will schon was heißen. Während ich ins Schlafzimmer zuckelte, fragte ich mich, was der Kerl wohl von mir wollte. Gut, ich gebe es zu, ich klaue manchmal die HP (holographic paper, also holografische Zeitung) von meinem Nachbarn, aber das kann wohl kaum der Grund sein.
Ich zog mir schnell Jacke und Jeans aus und schmiss mich auf mein Bett, das sofort ein wenig nachgab. Zu müde, um über den Anruf nach zu denken, schlief ich sofort ein.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, bereute ich sofort den gestrigen Abend. Ich hatte zu viel getrunken. Ganz eindeutig, denn mein Schädel brummte so sehr, als wär mir ein Torpedo ins Ohr gejagt und hätte sich am anderen Ende wieder raus gezwängt. Mir war schlecht und das Dröhnen des Morgens kam mir vor wie tausendfach verstärkt.
Ich rappelte mich irgendwie auf und strich mir die langen Strähnen aus dem Gesicht. Stöhnen rieb ich mir die Wangen und fühlte die kratzigen Stoppeln. Müsste mich echt mal wieder rasieren…oder auch nicht…… Ich schaute mit zusammen gekniffenen Augen auf den Wecker. Al sich nichts erkennen konnte drückte ich den Knopf, der sich direkt in der Mitte befand. Eine hohe Stimme piepste ein „Sechs Uhr vierunddreißig, Donnerstag der 12. August.“
„Was zur…..6 Uhr?“, stöhnte ich und griff mir an den Hinterkopf. Die Berührung fühlte sich wie ein Schlag mit dem Stahlhammer an.
Ich wühlte in der offenen Schublade meines Nachtisches und suchte vergeblich nach einer Tablette gegen die Kopfschmerzen. Na super. Ein Todkranker und keine Medizin im Haus.
Ich stand auf, zog mir eine Jogginghose an und machte mich auf zur Küche. Während mein Toast vor sich hin toastete, ging ich, um einen einigermaßen klaren Kopf zu kriegen, auf den Balkon. Wenn man den so bezeichnen will. Er war kaum größer als ich, wenn ich liegen würde. Mit etwas Mühe setze ich mich auf die Ecke der Steinbarriere und streckte die Beine quer über den Boden.
Der Himmel war noch dunkel und es war recht kühl. Leichte Wolkenschleier waren zu sehen und was wehte ein schneidender Wind. Ich fröstelte und besah mich dem Fußvolk. Ich wohne ja, wie bereits gesagt, parterre, also sehe ich recht wenig von der Straße. Ob das ein Vor- oder Nachteil ist, das kann jeder für sich selbst entscheiden. Allerdings sah ich kaum Menschen. Nur hin und wieder ein Sauto vorbei sausen, mit dem gewohnten, leisen Surren. Die Stille des Morgens war wie Balsam für meinen geschundenen Kopf und ich atmete tief ein.
Plötzlich sah ich, dass sich etwas schnell auf mich zu bewegte. Nur ein Augenschlag und es war genau vor mir. Ich sprang erschrocken zurück, nur um entnervt zu erkennen, dass es eine Katze war.
„Ksch!“, machte ich verstimmt und wedelte mit der Hand, um den Witzbold zu vertreiben. Doch der rührte sich nicht. Er blinzelte mich nur fragend mit seinen stechend grünen Augen an.
Ich hielt inne und sah das Katzenviech genau an. Es hatte kein Halsband….. naja, das hatte nichts zu bedeuten. Viele Katzen hier hatten keines und lebten doch bei Menschen. Allerdings gab es kaum noch Katzen, die nach draußen durften, da sie dass leise Summen von den Sautos nicht mehr rechtzeitig hören, jedenfalls nicht so rasch wie das laute Brummen eines altmodischen Autos.
Ich ging einfach mal davon aus, dass es ein Streuner war. Ich erkannte die Rasse nicht, aber das lag wohl daran, dass ich mich nicht sonderlich gut mit Katzen auskenne.
Er hatte braunes Fell, nur der Rücken war graubraun und er hatte einen leichten, braunen Strom.
Der Kopf war sehr dreieckig und er hatte große, weit auseinander stehende Ohren und eine dünne Schnauze. Zugegebenermaßen, war sie wirklich hübsch.
Aber wie gesagt, ich bin kein Katzenfan, nie gewesen.
„Na los, verschwinde!“, sagte ich laut und schubste sie leicht weg. Sie sprang davon. Weiter, als ich es ihr zugetraut hatte. Sie schaute mich noch einmal an. Ich dachte kurz, leichten Trotz in ihren Augen zu sehen, dann war sie auch schon weg.
Verwundert ging ich wieder rein und stellte verärgert fest, dass mein Toast rabenschwarz war.

Nach einer Stunde war ich einigermaßen wach. Ich hatte geduscht, aber das war dann auch alles. Ich hatte nicht vor, heute nach draußen zu gehen. Selbst wenn, würde ich auch nicht mehr viel an mir ändern. Verdrießlich ließ ich mich auf die Couch fallen und griff nach der Zeitung, die auf dem Glastisch lag.
Ich hatte kein Geld für eine HP, darum las ich immer nur die altmodische Zeitung aus Altpapier.
Ich schlug sie auf und entdeckte die erste Schlagzeile:

DIE ESP- FAUL ODER SCHWACH?

Erneut wurden im Westen von Elstate Morde gemeldet, die in das Schema der bisherigen Vorfälle passen. Die ESP verweigert jegliche Aussage und es sieht so aus, als wäre unserer Polizei der Saft ausgegangen…..
Weiter las ich nicht. Erstens, weil mich das alles herzlich wenig interessierte und zweitens, weil vor mir auf dem Glastisch….. diese verfluchte Katze saß!
Sie saß rotzfrech vor mir und schaute mich neugierig an.
„Du blödes Viech, verzieh dich!“, rief ich und schlug mit der Zeitung nach ihr. Sie mauzte und sprang herunter. Statt zu verschwinden schlenderte sie ein wenig durch meine kleine Wohnung. Ich war entweder verblüfft oder bewegungsunfähig vor Wut, aber ich rührte mich nicht.
Das Vieh trippelte gemütlich von hier nach dort, und schnüffelte an allem, was ihr als interessant vorkam. Dann, zu allem Überfluss, sprang sie auf meinen schwarzen Sitzsack, versank leicht darin und rollte sich zusammen. Zufrieden und schnurrend schaute sie von ihrem eingesunkenen Thron zu mir herüber.
Ich knurrte verstimmt und verschränkte mit gerunzelter Stirn die Arme. Was erlaubt sich dieses Vieh eigentlich?! Kommt hier einfach rein spaziert und packt sich hin! Kein Respekt, keine Manieren, nichts. Ich hielt inne. Die Katze erinnerte mich schlagartig an jemanden, mir sehr Vertrautem.
An mich.
Noch wütender ging ich auf sie zu und wollte sie aus dem Sack schmeißen, doch da riss sie die Vorderpfote hoch und haschte mit ausgestreckten Krallen nach mir. Zu meinem Ärger erwischte sie mich am rechten Oberschenkel.
„Ah! Mistkatze!“, keuchte ich erschrocken und betrachtete den blutigen Kratzer.
Ich hielt ihr den Finger vor die Nase, in gebührendem Abstand.
„Damit hast du dein Leben verwirkt, du Mistvieh!“, drohte ich ihr vor Wut kochend, doch sie schnurrte nur und schloss die Augen.
Verblüfft über ihre Gleichgültigkeit ging ich ein wenig auf und ab und beobachtete sie dabei wachsam.
Ohne mir weitere Blessuren zu zuziehen würde ich sie bestimmt nicht loswerden.
Was solls. …… irgendwann wird sie sowieso abhauen, ganz sicher.
Ich schnappte mir ein Bier aus dem Kühlschrank, schmiss mich auf die Couch und schaltete den Fernseher an.
Die Katze schlief indes und schnurrte vor sich hin.
Argwöhnisch warf ich alle paar Minuten einen Blick auf sie.
„Dummes Vieh!“, murmelte ich und nahm einen langen Zug aus der Flasche. Als ich wieder zu ihr schaute, starrte sie mich mit geweiteten Pupillen an.
Ich hob eine Augenbraue. „War nich‘ so gemeint…“, brummte ich. Mein Ton war wieder ein wenig sanfter (sofern das meiner Stimme überhaupt ermöglicht war) und sie schloss die Augen wieder.
Du meine Güte, eine Katzendiva- in meinem Haus!

Das Katzenvieh wollte einfach nicht mehr aufstehen. Nachdem ich ihn oder sie oder was auch immer eine Stunde lang mit bloßer Willenskraft und starrem Blick traktiert habe, gab ich es schließlich auf und wanderte in die Küche. Vorsichtig öffnete ich den Kühlschrank und spähte arglistig hinein. Zu meiner Überraschung war er nicht leer! Ich griff hinein und zog ein rohes Filet raus. Es war zwar schon seit zwei Tagen abgelaufen, aber was mich nicht umbringt, das macht mich stärker, n’est-ce pas? Ich griff nach der Pfanne, die noch auf dem Herd stand, spülte sie kurz aus, schickte eine Sintflut aus Öl hinein und haute sie wieder auf den Herd. Während das Fleisch vor sich hin brutzelte, ging ich kurz in das Badezimmer, um …uargh... die Waschmaschine an zu schmeißen.
Ich hasse nichts mehr, als irgendwas zu waschen. Zumal es bloße Zeitverschwendung ist. Nach einem Mal tragen ist das Hemd sowieso wieder dreckig, deswegen wasche ich nur einmal im Monat.
Ich stopfte die Wäsche ungeachtet hinein, drehte irgendwas an den Knöpfen und schüttete irgendein, bestimmt hochgiftiges Waschmittel in den Behälter. Ich fragte mich mal wieder, wieso es nicht eine bessere Methode gab, Wäsche zu waschen. Was mich wieder auf das Thema brachte, dass wir in einem ganzen Jahrtausend erbärmlich wenig erfunden haben. Hier mal eine neue Technologie da, dort weniger Arbeitsplätze. Aber alles fügt sich zu einer Theorie zusammen, die übrigens auf meinem Mist gewachsen ist: Wir entwickeln uns zurück! Und wieso? Wegen des Mangels an Rohstoffen, ist doch eindeutig. Mann, ich sollte echt Politiker werden. Ich sehe mich schon vor mir, im schnieken Anzug, mit schweißnassen Gesicht und zitterndem Kiefer vor dem Volk, irgendwelche unsicheren Lügen als Versprechen hinaus schreien und dann schließlich von irgendeiner guten Seele erschossen zu werden. Was für ein tolles Leben!
Als die Waschmaschine schließlich leise vor sich hin summte, verließ ich das schwarzgeflieste Badezimmer wieder und ging nachdenklich zurück in die Küche. Ich roch den Geruch von dem Fleisch, aber als ich triumphierend in die Pfanne spähte, war sie zu meinem Entsetzen leer. Links von mir hörte ich ein aufdringliches Schmatzen. Langsam und mit angespanntem Kiefer drehte ich den Kopf zur Seite- und sah dieses vermaledeite Katzenvieh mein wohl verdientes Fleisch fressen! Genüsslich kaute es auf dem letzen Brocken herum. Ich raufte mir knurrend die Haare. Während mein Blut kochte fragte ich mich kurz, wie er oder sie es angestellt hat, das Fleisch zu klauen, ohne sich an dem spritzenden Öl zu verletzen. Schließlich siegte aber die Wut und ich griff mit einem zornigen Schrei nach dem Vieh. Da es mich zu spät bemerkte, hatte ich im nächsten Moment ein zappelndes Untier in den Händen. Ich hielt ihn am Brustkorb, unter den Vorderbeinen fest.
„Pass mal auf!“, sagte ich grimmig. „Lieb…..“, ich hob die Katze kurz und spähte nach unten. „…er Kerl, ich hoffe du bist dir im Klaren darüber, dass ich dich auf das Dach des Hauses schleppen, dir mein Anliegen erklären und dich dann mit Schwung runter schmeißen werde! Ich schaue genüsslich zu, wie du hinunter segelst und mache vielleicht sogar einen guten Schnappschuss, und mein Kleiner, das wird dich lehren mir meine Beute weg zu schnappen!“
Der Kater, von dem ich gerade erst erfahren habe, dass er einer ist, blinzelte nur fragend und miaute drohend.
„Komm mir bloß nicht so!“, lachte ich grimmig.
Er legte die Ohren an und fauchte. Ich stierte genauso wütend zurück. Er brummte tief und sein Schwanz peitschte wütend gegen meinen Arm. Schließlich riss er den Unterleib hoch und verbiss sich in meiner Hand. Ich schrie auf und versuchte, das Biest ab zu schütteln, aber es krallte sich noch dazu fest. Ich packte ihn am Nacken und er ließ los. Ich warf ihn von mir und betrachtete meine traktierte Hand. Die Bisswunde war blutig. Na super. Wenn das Vieh Tollwut hatte, so hatte ich sie nun auch.
Wütend und immer noch die Hand geschützt in der gesunden haltend, suchte ich die Wohnung nach dem Mistvieh ab. Allerdings war der kleine Teufelskater verschwunden. Erleichtert seufzte ich und suchte nach dem Erste-Hilfe-Kasten. Als ich ihn letztendlich fand, waren darin noch einige alte Mullbinden. Ich verband mir die Wunde provisorisch und ging zum Balkon hinüber. War er wirklich weg? Oder versteckte er sich nur? Ich hoffe ersteres und verschloss den Balkon.
Ich sollte wohl besser zum Arzt gehen und mich impfen lassen…. Wie gesagt, ich „sollte“. Da ich aber nichts mehr als Ärzte hasse, verwarf ich den Plan schnell wieder.
Wenigstens war dieser Kater fort und ich hatte wieder meine Ruhe. Stöhnend ließ ich mich aufs Sofa fallen. Als ich die Augen gerade geschlossen hatte, klingelte das Telefon. Ich grummelte einen langen Fluch und griff nach dem kleinen Hörer.
„Frei sprechen!“, murmelte ich und hörte das vernehmliche Klacken.
„Ist dort Scharron Lyall?“ Es war eine Männerstimme, mit starken, französischem Akzent.
„Wenn sie meine Nummer getippt haben, ja.“
„Versei‘en Sie die Störung….“
„Ist verziehen, wenn Sie wieder auflegen.“
„Excusez moi, aber es ist dringend.“
„Sowas.“
„Mein Kollege hatte sie angerufen? Vor kurser Seit? Isch ´örte, sie ´aben gleisch wieder aufgelegt.“
„Na und? Muss ich einen Grund dafür haben, nicht mit der ESP reden zu wollen? Und was wollen Sie überhaupt von mir?“
„Nun, isch persönlisch bin nischt von der ESP, wie Sie es vielleischt bemerkt `aben. Darum kann isch Ihnen nischt sagen, was genau die ESP von Ihnen will. Aber eines ist gewiss, Monsieur Lyall. Wir verfolgen das gleiche Siel.“
„Das da wäre?“, fragte ich allmählich genervt.
„La patience est une vertu, Monsieur Lyall. Isch `offte, sie wären ein Mann, der geduldig ist.“
„Nicht, wenn es um die Polisei, Verzeihung, Polizei geht.“
„Sie sind sehr amusant, Monsieur. Aber der Grund, aus dem isch anrufe, ist sehr dringend. Isch würde das lieber persönlisch mit Ihnen besprechen, Monsieur Lyall.“
„Aber wieso ich? Was habe ich mit der ESP zu tun? Ich bin doch nur ein gewöhnlicher Idiot von der Straße! Hab ich was ausgefressen?!“
„Ausgefressen? Je ne’est pas compris.“
„Ob ich etwas verbrochen habe.“
„Mais non! Wir brauchen lediglisch ihre ´ilfe. Das ist alles.“
„Aha. Und wenn ich nicht helfen will?“
„Ist ihr Pflischtgefühl so verkümmert, Monsieur?“
„Wem bin ich denn verpflichtet?“
„Ihrem Land, natürlisch. Also. Sind Sie mit einem Treffen einverstanden?“
„D’accord“, sagte ich und grinste.
„Aah, c’est manifique! Wann wäre es Ihnen denn passend?“
„Trudeln Sie einfach irgendwann ein, ich bin meist zu Hause.“
„Ich nehme Sie bei der Zunge.“
„Wie darf ich das verstehen?“
„So sagt man doch, oder? Isch nehme Sie bei der Zunge!“
„Beim Wort meinen Sie?“
„Mais oui. Isch habe ihre Adresse nischt verstanden.“
„Ich habe sie auch noch nicht gesagt!“, ich erklärte ihm kurz den Weg und die Gepflogenheiten mit dem fehlendem Schlüssel.
„Bien. Au revoir, Monsieur Lyall.“
„A bientôt. “ Ich musste wieder grinsen. Mein Französisch war zwar recht gut, aber ich konnte mir den ganzen Tag beim Reden zu hören und mich totlachen, da der nasale Ton dieser Sprache überhaupt nicht mit meiner Stimme harmonierte.
Ich legte auf. Nachdenklich ging ich ein wenig auf und ab und grübelte nach. Dieser Mann war offensichtlich Abgesandter Frankreichs. Vielleicht ein Botschafter? Oder war er von der Interpol? Aber ganz gleich, von welcher Organisation er auch stammen mag, er wollte mich wegen irgendeiner Sache sprechen. Aber was könnte ich schon zu irgendetwas von Wichtigkeit beitragen?
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BeitragThema: Re: Arbitrium   Arbitrium EmptyMo 27 Apr 2009, 22:37

^*geschafft hat zu lesen*
Wieder mal ein tolles Kap^^
Du hast Chico so süß beschrieben, einfach nur niedlich.

Ich freu mich schon aufs nächste Wink
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